„Politische Kultur – aber bitte auf beiden Seiten“

An der letzten Kantonsratsdebatte wurde über die anscheinend fehlende politische Kultur in unserem Kanton gesprochen. Ich finde es gut, dass man die politische Kultur mal wieder thematisiert. Man darf aber das Schlagwort der politischen Kultur nicht dazu verwenden, dass politische Kontrahenten, Ihre Argumente, Meinungen, Ansichten und auch Ängste verunglimpft werden. Denn Meinungen haben mit der politischen Kultur nichts zu tun, denn die politische Kultur ist einzig die Art und Weise der Artikulierung der Argumente und der Respekt gegenüber dem politischen Gegner. Dazu zähle ich auch die Protagonisten in diesem UNO-Abstimmungskampf, welche die Argumente der Gegner als Lügen bezeichnen oder Andersdenkende als Schulbuben titulieren.

Plakate der UNO-Gegner werden systematisch, wahrscheinlich koordiniert, entfernt. Sogar fest montierte Holztafeln werden in unserem Kanton eingesammelt. Ob Lausbubenstreich oder nicht, von einer anständigen politischen Kultur kann nicht die Rede sein. An Veranstaltungen werden den Gegnern die Mikrofone abgedreht und an Jugendsessionen werden die Jugendlichen durch Staatspropaganda auf Bundesratskurs getrimmt, um nicht indoktriniert schreiben zu müssen. Wer sich dagegen wehrt, wird entweder aus der Jugendsession ausgeschlossen oder stummgestellt. In der Wandelhalle durften an der genannten Jugendsession nur die UNO-Beitrittsbefürworter ihre agitatorischen Schriften streuen. Das ist die vorherrschende politische Kultur und das Demokratieverständnis des Jahres 2002 unseres Landes.

Mir ist bewusst, dass es Leute gibt, die die politische Kultur nicht pflegen (wollen) und deshalb weiter unsere Plakate einsammeln werden. Mir ist es sogar verständlich, dass sie die Plakate einsammeln, denn schliesslich sind die Befürworter im Argumenten-Notstand und können nur mit unfairen Mitteln argumentieren oder die Kontrahenten mundtot machen, indem sie ihre Plakate entfernen und ihre Meinung als „Lüge“ titulieren. Kürzlich war in den Medien zu lesen, dass die Gegner keine neuen Argumente haben, dass die Befürworter aber noch nie welche hatten wurde bewusst verschwiegen. Dass die Befürworter keine Argumente haben ist doch schliesslich nicht unsere Schuld, aber deshalb zu unfairen Mitteln zu greifen ist nicht die Art des feinen Mannes bzw. Frau.

Ich möchte die Leute, die unsere Plakatständer mit nach Hause nehmen, aufrufen, dass sie uns wenigstens die Plakatständer zurückgeben. Wenn die Angesprochenen nicht wollen, dass wir die Plakate noch einmal für den Abstimmungskampf gegen die UNO-Beitrittsinitiative verwenden, dann können diese Personen die Plakatständer auch nach der Abstimmung ab dem 4. März zurückgeben. So gehen zwar unsere Argumente unter und können nicht einer breiten Bevölkerung kund getan werden, was eigentlich unser verfassungsmässiges Recht ist, aber wenigstens können wir sie dann sachgemäss entsorgen. Wenn diese Leute schon keine politische Kultur haben, dann hoffe ich, dass sie wenigstens eine gesunde „Entsorgungs-Kultur“ besitzen. Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüssen

M.Zeitz