Lukas Reimann,
Co-Präsident Young4FUN.ch
Beeinflussung
durch Medien kennen wir. Auch Veranstaltungszüge durchs ganze
Land wie Wanderpredigten des Bundesrates und seiner Chefbeamten
für oder gegen ein Abstimmungsvorlage sind uns bestens bekannt.
Seit einiger Zeit stellt man aber fest, dass in den Departementen
und Bundesämtern das Bedürfnis nach Informationsverbreitung
immer mehr im Steigen ist. Täglich werden interessierte (und
weniger interessierte) Kreise, Mandatsträger, Medien, Verbände
sowie weitere Organisationen und Personen mit Broschüren, Informationsblättern,
Hochglanzprospekten, Umweltschutzdruckerzeugnissen, Videos, CD-ROMs
und anderem mehr aus "Bundesbern" geradezu überflutet.
Nicht erst seit der Abstimmung über die sektoriellen Abkommen
mit der EU stellen wir fest, dass diese mit Steuergeldern bezahlten
"Informationen" oder oft Manipulationen klar Stellung
beziehen und somit in den für die Demokratie enorm wichtigen
Meinungsbildungsprozess eingreifen. Speziell auf für die Schweiz
wichtige Abstimmungen hin (in naher Zukunft wohl: Militärgesetz,
UNO, EU) bringt Bern Dutzende von peseudo-objektiven Produkten unters
Volk. Diese Broschüren versuchen sich zwar als objektiv auszugeben,
doch die Argumente der Gegnerseite werden schlicht und einfach vergessen.
Doch von wo,
wenn nicht aus Bern, kann der Stimmbürger heute noch objektive
Informationen erwarten?
Selbst die
Abstimmungsbroschüre, welche entscheidend zum Ausgang einer
Abstimmung beiträgt, verliert ihren Wert an objektiver Information
immer mehr. Auch dort stellt man das selbe Prinzip fest: Unter dem
Vorwand einer objektiven Information werden viele Informationen
und Argumente, welche gegen die Meinung des Bundesrates sprechen,
vergessen oder schlicht und einfach unterdrückt.
In der Antwort
auf eine Interpellation ("Bundesverwaltung, Informationsflut")
von SVP-Nationalrat Roland Borer versucht der Bund Auskunft über
das personelle und finanzielle Ausmass dieser Informationsflut zu
geben. Dass dies allein deshalb schwer ist, weil in Bern kein Budgetposten
für die Kosten der Information und
Öffentlichkeitsarbeit
existiert, bemerkte auch schon die NZZ. Hier seien trotzdem einige
Antworten der Interpellation erwähnt:
In seiner Antwort
gibt der Bundesrat zu, dass die Behörden früher in ihrer
Informationspolitik zurückhaltender aufgetreten seien. Das
krasse Ansteigen seiner Informationstätigkeit begründet
er damit, dass man von ihm eine aktive Rolle in der Öffentlichkeit
erwarte. Mit der aktiven Kommunikationspolitik soll Transparenz
geschaffen werden und dem Volk soll das Handeln des Bundesrates
näher gebracht werden. In anderen Worten, das Volk soll einseitig
beeinflusst werden und die Transparenz gibt sich als Manipulation
zu erkennen.
Insegesamt
beschäftigt die Bundesverwaltung alleine für "Komunikation"
113 Informationsbeauftragte. Weiter wurden 1999 12 externe Mandate
vergeben. Weiter sind 40 Personen hauptsächlich mit der Herstellung
der Druckerzeugnisse und 40 mit den Internet-Auftritten der Verwaltung
beschäftigt. Apropos Internet: Als ich mich über Spams
(teilweise verbotene Massenwerbeschreiben via Email) für den
UNO-Beitritt beim EDA beschwerte, da das Spam offensichtlich ein
Beamter vom Arbeitsplatz aus verschickte (Beamten.Name@eda.admin.ch),
erhielt ich auf französisch eine Entschuldigung, in welcher
es hiess, der Beamte entschuldige sich für den unabsichtlichen
Massenversand und es gäbe übrigens auch Beamte, welche
das Gleiche gegen die UNO tun würden.
Zurück
zu den Kosten der Berner Propaganda-Walze: Die Nettokosten der Druckerzeugnisse
beliefen sich 1999 auf 18,5 Millionen Franken die wohl bisher
aufwendigste Kampagne für die Bilateralen Verträge also
nicht inbegriffen. Die Lohnkosten werden leider ebenfalls nicht
ausgewiesen. Grob geschätzt betragen diese 18,3 Millionen Franken
(193 Arbeitsplätze zu durchschnittlich 95'000 Franken im Jahr).
Das ergibt total 36,8 Millionen Franken alleine im Jahr 1999 für
Propaganda-Arbeit aus Bern. Das wohl grösste Werbebüro
betreibt also nicht die Wirtschaft, sondern der Bundesrat mit unseren
Steuergeldern gleich selber. Richtig fragt Nationalrat Borer in
der von weiteren 16 Nationalräten mitunterzeichneten Interpellation,
ob der Bedarf bzw. Nutzen und der Konsum der veschiedensten Informationsmittel
analog den übrigen Medien abgeklärt werde und ob im Bereich
der Information Sparpotenzial liege. Des Bundesrat sieht das Sparpotenzial
im Bereich des Internets, nicht aber in der Anzahl der Informationen.
Dass immer
mehr Beamte eingestellt werden, welche zuvor im Medien- oder Werbebereich
arbeiteten und somit gute Beziehungen zur Presse und ein Verständnis
von Werbung sprich Propaganda haben, ist auch neu. So forderte ein
Bundesrat vor der Abstimmung über die neue Bundesverfassung
in einem persönlichen Schreiben an die Chefredaktoren der verschiedensten
Medien, die Zeitung möge doch alles unternehmen, damit die
Vorlage angenommen werde leider wurde sie angenommen. Des
weiteren ging ein Schreiben eines Chefbeamten an viele Chefredaktoren,
sie würden doch bitte das beiliegende Interview mit Bundesrat
Couchepin über oder besser gegen die 18%-Initiative veröffentlichen.
Und siehe da, egal wo Sie wohnen und welche Zeitung Sie lesen, das
Interview haben Sie wohl auch gelesen.
Je mehr die
Medien selber Politik betreiben und sich von ihrer Funktion, als
Fürsprecher für das Volk eine Kontrollfunktion wahrzunehmen,
entfernen, desto mehr muss der Bürger die Kontrolle soweit
möglich selbst wahrnehmen. Dazu sollte ihm die ausführende
Gewalt (Exekutive), also der Bundesrat und seine Verwaltung, eine
wertvolle Hilfe sein. Leider scheint auch diese Hilfe, eine für
die Demokratie äusserst wichtige Aufgabe, verloren zu gehen.
So politisiert der Bundesrat in mehreren Fragen nicht nur klar gegen
den Volkswillen, sondern er versucht das Volk mit dessen Geld auch
noch zu beeinflussen.
Die direkte
Demokratie ist das einzige Bollwerk, das noch ein einigermassen
wirksames Gegengewicht zu den immer grösser werdenden Machtkonzentrationen
bildet. Sie hält unser Land zusammen, sie ist der beste Beweis
für ein friedliches Zusammenleben der unterschiedlichsten Kulturen
in Frieden und Freiheit und sie trägt wesentlich zu unserem
Wohlstand bei. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb- sind
die Bemühungen zu ihrer Abschaffung gross. Dass dem Bundesrat
die Macht des Schweizer Volkes nicht immer genehm ist und dass er
deshalb mit unfairen Mitteln die demokratischen Meinungsbildungsprozesse
zu beeinflussen versucht, ist leicht erkennbar.
Deshalb:
-Sollten wir
Broschüren aus Bern mit Vorsicht geniessen.
-Sollte in
Bern endlich für jede Amtstelle des Bundes ein Budgetposten
für Information und Öffentlichkeitsarbeit geschaffen werden,
damit die effektiven Kosten genau ausgewiesen und im Total beziffert
werden können.
-Sollte man
sich eine Gesetzesänderung überlegen, welche eine "Staatsmeinung"
verbietet und Bundespropaganda unterbindet. In vielen Staaten gelten
solche Gesetze und die an totalitäre Staaten erinnernde massive
Staatspropaganda - Maschinerie mit finanziellen Mitteln, Personal
und Prestige sind dort nicht möglich. Dagegen würden der
Abstimmungskampf sowie die verschiedenen Meinungsbildungsprozesse
neu belebt und wieder ausschliesslich Sache der aktiven Bürger,
der Verbände und der Parteien. Jeder Bürger kann seine
Meinung haben, doch eine Staatsmeinung gibt es nicht!
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