1. August-Ansprache von Kevin Steffen
Gehalten an der Bundesfeier von Beinwil am See

Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger 

Es freut mich sehr, heute hier in Beinwil zu sein. Es zeigt mir, dass es im Gegensatz zu den Wynentaler Gemeinden ganz in der Nähe eine Ortschaft gibt, welche die Jugend auch am Nationalfeiertag fördert. Dank einem gesamtschweizerischen Projekt hielten letztes Jahr über 200 Jugendliche eine 1. August-Rede. Dieses Jahr wird die Zahl wesentlich kleiner ausfallen. Deshalb ist es von den Organisatoren besonders vorbildlich, bereits zum zweiten Mal eine junge Person zu engagieren.
Ganz speziell freut es mich, als Menziker hier zu stehen. Dies zeigt eine Verbundenheit, welche innerhalb der Region aargauSüd besteht. Eine Verbundenheit, welche noch ziemlich schwach ist. Ich hoffe jedoch, dass es in Zukunft eine engere Zusammenarbeit zwischen den Wynentaler und Seetaler Gemeinden geben wird. Zusammen könnten wir viele Synergien nutzen. Beinwil beispielsweise ist eine einmalige Wohngemeinde, das Oberwynental bietet zahlreiche Arbeitsplätze und Einkaufsmöglichkeiten.

Für mich ist Beinwil am See schon lange eine wichtige Gemeinde. Als Jugendlicher, welcher auf den öffentlichen Verkehr angewiesen ist, bietet mir Beinwil eine gute Verbindung nach Luzern und Zürich. Ob mit dem Mountainbike oder den Joggingschuhen zieht es mich auch oft nach Beinwil. Die wenigsten Gemeinde können eine solch vielseitige Landschaft bieten. Den Einwohnerinnen und Einwohner bietet Beinwil noch vieles mehr. Aus Auswärtiger träume ich vor allem vom tiefen Steuerfuss.


In meiner Rede zum 712. Geburtstag unseres Landes, werde ich einige Themen aufwerfen, welche mich als Jugendlicher dieses Landes beschäftigen und mir wichtig erscheinen.

Die Schweiz ist für mich ein sehr schönes Land, welches vielfältig wie kein anderes ist. Produkte wie Schoggi, Käse und das Militärsackmesser haben die Schweiz im letzten Jahrhundert weltbekannt gemacht. Unsere bis vor kurzem gepflegte Neutralität wird von allen Staaten geschätzt und unsere Demokratie ist auf der ganzen Welt einmalig.


Demokratie und EU

Neutralität und Demokratie sind in der Bundesverfassung festgehaltene Grundwerte, welche man nicht vernachlässigen darf. Doch genau dies geschieht zur Zeit in Bundesbern - gegen den Willen des Volkes. Besonders auf die Demokratie müssen wir Bürgerinnen und Bürger Acht geben. Die Mehrheit des Bundesrates möchte der EU beitreten. Doch falls es soweit kommt, ist fertig mit Initiativen, Referenden und Volksrechten – entschieden wird in Brüssel.
Der EU-Beitritt ist nicht nur mir als bürgerlicher Jungpolitiker ein Dorn im Auge. Dreiviertel meiner früheren Klassenkameradinnen und Kameraden haben sich ganz klar gegen einen Beitritt zur Europäischen Union ausgesprochen. Die Mehrheit der Jugend will die innenpolitischen Problemen gelöst haben und sich nicht mit den Meinungsverschiedenheiten der EU-Staaten auseinandersetzen müssen.


Verkehrspolitik

In der Politik beschäftigt mich auch das Thema Verkehr. Viele Politiker wollen entweder einen starken öffentlichen Verkehr oder aber einen starken Privatverkehr. Ich bin der Überzeugung, dass wir beides benötigen. Unsere Gesellschaft ist mobiler denn je und der Trend zeigt eine starke Zunahme von Pendlern. Die Bedürfnisse nach Mobilität gilt es zu decken. Besonders in wirtschaftlich schlechten Zeiten sollte man in die Infrastruktur investieren und dazu gehört der Verkehr.

Die junge Bevölkerung ist am meisten auf den öffentlichen Verkehr angewiesen. Doch wie sollen die Jungen von diesem umweltfreundlichen Verkehrsangebot überzeugt werden, wenn sie nach dem Ausgang nicht mehr nach Hause kommen. Nach der Kinovorstellung ist ein gemütliches Beisammensein nicht möglich. In der Regel bleiben 10 bis 15 Minuten für den Weg vom Kino zum Bahnhof. Der letzte Zug von Luzern nach Beinwil fährt auch am Wochenende um 23 Uhr.


Bildungspolitik

Die Qualität unserer Schulbildung geht immer mehr verloren. Spätestens seit der PISA-Studie fragen wir uns, was an der Bildungspolitik falsch ist. Die Studie hat gezeigt, dass die Schweizer Schülerinnen und Schüler grosse Mühe im Leseverstehen haben.

Zum schlechten Resultat hat auch der hohe Ausländeranteil beigetragen. Schülerinnen und Schüler mit ausländischer Muttersprache haben Mühe ihrer Aufgaben nachzukommen und bremsen nicht selten auch der Lernwille der anderen. Doch unsere Schulbildung leidet nicht nur an diesem einen Problem. Jeder Kanton hat sein eigenes Schulsystem und macht das, was er für richtig findet. Zur Zeit bauen mehrere Kantone die Qualität an Schulen systematisch ab. Als bestes Beispiel dient hier der Kanton Zürich.

Es ist an der Zeit, ein nationales Schulsystem mit hoher Qualität einzuführen. In der Berufsbildung funktioniert dies einwandfrei. Weiter ist zu beachten, dass die Schule laufend den Anforderungen der Wirtschaft angepasst wird. Englisch- und Informatikunterricht sollte heute mindestens den gleichen Stellenwert, wie der Französischunterricht haben.


Wirtschaft

Unserer Wirtschaft ging es auch schon besser. Täglich wird von Stellenkürzungen und Kündigungen berichtet. Bekannte Schweizer Produkte wie das Valser Wasser, Ovomaltine oder das Feldschlösschen werden ins Ausland verkauft. Was mit der subventionierten Swiss geschehen wir, lässt sich nur spekulieren.

Von der schlechten Wirtschaftslage ist auch die Jugend betroffen. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt so hoch wie seit Jahren nicht mehr und das Lehrstellenangebot war auch schon wesentlich grösser. Gefragt ist nun Anpassungsfähigkeit. Lehrstellen gibt es beispielsweise im Kanton Aargau mehr als genug. Doch lässt sich nicht immer der Traumberuf erlernen. Wichtig ist, dass man frühzeitig nach Alternativen sucht und man einen Lernvertrag abschliessen kann.

Es ist wichtig, dass die Schweizer Bevölkerung gegenüber der Wirtschaft nicht pessimistisch eingestellt ist. Wir müssen an eine starke Schweizer Wirtschaft glauben und positiv in die Zukunft blicken.


Armee und die Jugend

Die Schweizer Jugend beschäftigt sich zur Zeit mehr denn je mit dem Militär. Im Abstimmungskampf zur Armee XXI wurden nicht nur die Themen Verteidigung und Neutralität totgeschwiegen, sondern auch von der Jugend berichteten weder die Medien noch die Politiker.

Die Jugendlichen werden bereits bei der Aushebung diskriminiert. Die zukünftigen Rekruten müssen Fragen rund um Sexualität und Familienangelegenheiten beantworten. Ein Überspringen solcher Fragen ist nicht möglich. Entgegen den Medienmeldungen, dass die Sex-Fragen aus dem Fragebogen genommen wurden, kann ich Ihnen versichern, dass die Rekruten immer noch mit derselben Fragen konfrontiert werden.

Mitte Juli konnte das Militär einen Rekord an Rekruten verzeichnen. Noch nie waren solch viele junge Frauen und Männer in die Rekrutenschulen eingerückt. Grund dazu ist die Verlängerung der RS um bis zu 6 Wochen im Jahr 2004. Besonders Studenten werden von dieser Änderung schwer getroffen. Während Sie bisher die Rekrutenschule in den Ferien besuchen konnten, müssen Sie nun ein ganzen Jahr auslassen.

Auch aus dieser Rekrutenschule sind bereits wieder Tausende von jungen Männern nach Hause gegangen. Junge, welche entweder demotiviert sind oder den psychischen und physischen Anstrengung nicht standhielten. Mit der Armee XXI soll dies nicht mehr geschehen. Die Frage ist nur, wie sich die Jugendlichen motivieren sollen, wenn sie durch die neue Armeereform derart benachteiligt werden.


Jugendliches Verhalten

Die Jugend ist heute so vielfältig wie noch nie. Einige wenige pflegen Traditionen, sind aktiv in Vereinen und Politik. Die meisten jedoch wollen ihr junges Leben in vollen Zügen geniessen und möglichst autonom sein. Der relativ grosse Wohlstand und die Vielfalt an Freizeitangeboten sind zu einem Problem geworden. Viele Jugendliche können sich besser mit ihrer Freizeitbeschäftigung als mit der Schule oder Arbeit identifizieren.

Immer mehr Jugendliche werden der Gesellschaft zum Problem. Um Beispiele aufzuzeigen, müssen wir Beinwil nicht einmal verlassen. An der Schule verstossen immer mehr Schülerinnen und Schüler gegen jegliche Grenzen oder werden sogar gewalttätig. Das andere Beispiel erlebte ich vor zwei Wochen bei einem Spaziergang am See. Betrunkene Jugendliche, herumliegende Bierflaschen und immer wieder der Geruch von Joints. Ich frage mich, wie lange dies die Beinwiler Tourristen noch aushalten werden.

Es wird Zeit, dass die Jugendlichen wieder mehr Verantwortung übernehmen, dass ihnen die Wichtigkeit des Lebens wieder bewusst wird. Doch dies schaffen sie nicht ohne Ihre Mithilfe und diese Mithilfe benötigen bereits die jungen Kinder. Es sind hier einige Mamis und Papis anwesend. Sicherlich kennen Sie die alltäglichen Fragen wie „Was ist das?“ oder „Was bedeutet das?“. Um diese Fragen zu beantworten benötigt man viel Zeit. Zeit, welche immer mehr Eltern für anders investieren. Doch ehrliche Antworten sind unglaublich wertvoll und wichtig für die Zukunft eurer Kindern.


Mit den Jungen in die Zukunft

Haben Sie gewusst, dass das Durchschnittsalter der Bundespolitiker bei 55 Jahre liegt? Lediglich eine Nationalrätin und ein Nationalrat haben ihr 30. Lebensjahr noch nicht erreicht. In Bern werden Entscheide für die Zukunft von 20 und mehr Jahren gefällt. Entscheide, dessen Auswirkungen die heutige Jungend zu spüren bekommt. Es ist deshalb dringest notwendig, dass die Schweizer Jugendlichen im Parlament besser vertreten sind und mitentscheiden können.
In der Schweiz leben rund 2.5 Millionen Menschen im Alter von bis zu 30 Jahren. Theoretisch sollte diese Volksgruppe einen Drittel aller Nationalratsmandate inne haben.


Liebe Frauen und Mannen

Mitte Oktober finden Nationalratswahlen statt. Im Kanton Aargau kandidieren rund 50 junge Kandidatinnen und Kandidaten verschiedenster Parteien. Ich appelliere an Sie, 5 Kandidatenstimmen an Jugendliche abzugeben. Sie können damit ein Zeichen für die Jugend setzen und eventuell reicht es dem einen oder andern dank Ihnen, für einen Nationalratssitz.


Mit diesem Wunsch beende ich meine Rede und freue mich, zusammen mit Ihnen einen geselligen Abend verbringen zu dürfen. Besten Dank.