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Liebe
Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger
Es ist für mich eine Ehre, in der Hauptstadt meines Wohnkantons
die 1. August-Rede halten zu dürfen. Früher im Fricktal,
nun im Wynental lebend, war für mich Aarau schon immer ein
zentraler Ort. Bereits drei Jahre gehe ich nun in Aarau zur Schule
und lerne so die Stadt näher kennen.
Aarau ist eine vielfältige Stadt. Sie ist ein wichtiger Standort
für die Aargauer Wirtschaft, Bildung und Politik. Ihren Einwohnern
bietet sie eine hohe Lebensqualität und ein abwechslungsreiches
Freizeitangebot. Schauen wir uns hier etwas um, stellen wir fest,
dass Aarau auch eine schöne, noch naturbelassene Landschaft
bietet.
Ich stehe heute hier, weil ich an einem Projekt der Schweizerischen
Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände SAJV teilgenommen habe.
Das Projekt ermöglicht rund 200 Jugendlichen, am Nationalfeiertag
eine Rede zu halten. Die Stadt Aarau hat an diesem Projekt ebenfalls
teilgenommen. Ich möchte mich deshalb bei den Verantwortlichen
bedanken, dass mir diese Möglichkeit geboten wird. Meine Rede
soll, so habe ich es mir vorgenommen, die Gedanken von uns Jungen
wiederspiegeln. So habe ich Jugendliche in meinem Alter befragt,
was ihnen an unserem Land gefällt und welche Themen ihnen wichtig
scheinen. Zentrale Lage und landschaftliche Vielfalt
Mich überraschte, dass beinahe allen Befragten die zentrale
Lage und die landschaftliche Vielfalt unseres Landes von grosser
Bedeutung sind. Die zentrale Lage der Schweiz hat für uns Vorteile
sowie Nachteile. Die wichtigsten Handelspartner sind unser Nachbarländer,
was für unsere Wirtschaft positive Auswirkungen hat. Einen
weiteren Vorteil sehe ich beim Tourismus, ist unser Land schnell
und ideal erreichbar. Hingegen macht uns der Transferverkehr quer
durch die Alpen Probleme.
Freude dürfen wir an unserer landschaftlichen Vielfalt haben.
Kaum ein anderes Land bietet solch verschiedene Klimas auf engstem
Raum. Die Alpen laden uns im Sommer zum Wandern ein im Winter
gehts auf die Piste. Wer lieber etwas Erholung sucht, findet
sie im Tessin bei warmem Mittelmeerklima. Nicht zuletzt dank den
weltbekannten Produkten wie Schoggi, Käse und dem Schweizersackmesser
ist und bleibt die Schweiz ein Ferienziel für Menschen aus
der ganzen Welt. Doch erwarten auch die jungen Schweizer, dass der
Tourismus weiter gefördert wird und wir zu unserer Natur Sorge
tragen. 1. August-Rede 2002 1 www.jungpolitiker.ch
Bildung
Auch die Bildung steht bei den Jungen im Vordergrund. Trotz dem
schlechten Abschneiden bei der PISA-Studie, sind die jungen Schweizerinnen
und Schweizer zufrieden. Bedenken haben sie beim immer grösser
werdenden Ausländeranteil in den Klassen. Es wird befürchtet,
dass mangels Deutschkenntnissen und den zum Teil grossen Mentalitätsunterschieden
Schweizer benachteiligt werden. Wir führen in der Schweiz eine
fortschrittliche Bildungspolitik, welche es allen Jugendlichen erlaubt,
eine Schulausbildung zu absolvieren und ihnen somit einen guten
Einstieg in die Wirtschaft ermöglicht. Die meisten Schulen
sind innovativ und passen sich der Zeit an. Aus eigener Erfahrung
denke ich vor allem an den Informatik- und Englischunterreicht.
Verkehrspolitik
Das
Thema Verkehr ist bei der jungen Bevölkerung in aller Munde.
Hier ist der öffentliche Verkehr von grosser Bedeutung, da
die wenigsten in meinem Alter über ein Auto verfügen.
Die Jugendlichen erwarten bessere Verbindungen in kleinere Ortschaften
sowie lukrativere Angebote für Lehrlinge und Studenten. Leider
muss ich miterleben, wie die SBB unseren Kanton immer mehr vernachlässigen.
So fährt der neue InterRegio von Zürich nach Biel in Aarau
vorbei und ab Dezember wird in Lenzburg nur noch stündlich
ein InterRegio Halt einlegen. Ich würde es toll finden, wenn
die Aargauer Regierung mehr daran setzt, interessante nationale
Verbindungen zu erhalten und auszubauen. Denn der öffentliche
Verkehr ist für den Wirtschaftsstandort und für uns Junge
von entscheidender Bedeutung und macht unseren Kanton interessanter.
Wirtschaft und Sozialleistungen Die jungen Schweizer und Schweizerinnen
interessieren sich auch für die Wirtschaft und den Sozialleistungen
unseres Landes. Sie freuen sich darüber, dass sie ohne grosse
Probleme einen Ausbildungsplatz gefunden haben und sie in einem
Land leben dürfen, welches eine sehr kleine Arbeitslosigkeit
aufweist. Die Schweiz verfügt über ein Sozialwerk, welches
auf der Welt einzigartig ist, doch machen sich die Jugendlichen
auch hier Gedanken: Working Poor, alleinerziehende Mütter und
Väter, Familien mit kleinem Einkommen. Auch die AHV beschäftigt
die Jugendlichen unseres Landes. Wir wollen, dass es unseren Pensionierten
gut geht, möchten jedoch auch nicht mehr Steuern bezahlen müssen.
Im September stimmt das Schweizer Volk über die Goldinitiative
ab. Unter anderem eine Möglichkeit unsere AHV für mindestens
zehn weitere Jahre zu sichern und eine Anhebung der MWSt. zu verhindern.
1. August-Rede 2002 2 www.jungpolitiker.ch
Drogenkonsum
Das
Thema Drogen beschäftigt uns Jungen genau so fest wie unsere
Eltern. Schliesslich wird man in den jungen Jahren abhängig
von einer Droge. Ich war überrascht, als ich hörte, dass
der Canabis-Konsum legalisiert werden soll. Eine Mehrheit der jungen
Schweizerinnen und Schweizer erwarten von der Politik, dass sie
in der Drogenpolitik gesetzliche Massnahmen ergreifen und nicht
weitere Drogen legalisieren. Dazu gehören auch strengere Kontrollen
beim Alkohol- und Zigarettenkonsum.
Sicherheit,
Neutralität und Souveränität
Viele
Jugendliche sind stolz auf die Sicherheit, Neutralität und
Souveränität unseres Landes. Ihnen gefällt es, dass
wir uns anderen Ländern gegenüber weitgehend neutral verhalten.
Dass wir die Möglichkeit haben, frei und ohne Zwang von andern
Ländern oder Staatenbünden entscheiden zu können.
In der Schweiz müssen wir nicht grosse Angst haben. Bürgerkriege
und Terroranschläge bleiben fern. Doch nahm in den letzten
Jahren die Kriminalität zu. Viele Jugendliche und zwar nicht
nur junge Frauen, getrauen sich am Abend nicht mehr alleine durch
ihre eigene Gemeinde zu laufen. Es wird von der Politik erwartet,
weitere Schritte zu unternehmen, um das Sicherheitsgefühl zu
stärken. Auch die Kriminalität der ausländischen
Bevölkerung ist bei den Jugendlichen ein grosses Thema. Ausländer,
welche sich an Schweizer Gesetze halten, werden von der jungen Bevölkerung
akzeptiert, doch findet man für Gesetzesbrecher aus dem Ausland
oft kein Verständnis.
Die Neutralität und die Unabhängigkeit welche bei meiner
Umfrage oftmals erwähnt wurde, sind für die Schweiz von
grosser Bedeutung. Diese Grundwerte, welche in der Schweizer Verfassung
verankert sind, gilt es meines Erachtens zu erhalten. Medien
In den jungen Lebensjahren versucht man sich in der Gesellschaft
einzuordnen und seine eigene Meinung zu bilden. Hier tragen die
Medien einen grossen Teil bei. In der Schweiz haben wir die Pressefreiheit,
welche es den Medien erlaubt, ohne Einfluss des Staates zu berichten.
Seit dem letzten Debakel um Borer und Ringier wurde jedoch die Pressefreiheit
in Frage gestellt. Auch den befragten Jugendlichen gefallen solche
Geschichten nicht. Zwar wird nicht die Pressefreiheit diskutiert,
doch von den Journalisten mehr Achtung und Wahrhaftigkeit verlangt.
1. August-Rede 2002 3 www.jungpolitiker.ch
Expo.02
In
diesem Jahr ein Jahr später als geplant findet
die Landesausstellung der Schweiz statt. Die Expo.02 soll ein Abbild
der Schweiz sein, der jungen Bevölkerung einen Halt geben.
Ob sie das tut, möchte ich offen lassen. Erfüllt die Landesausstellung
ihren Zweck, wenn die Flagge des Landes abgefackelt wird, wie zum
Beispiel bei einer Aufführung? Zudem werden bei der heutigen
1. August-Feier auf der Arteplage in Biel keine Schweizer Flaggen
geduldet. Dies führt meines Erachtens zu einem Identitätsverlust.
Diese Vorkommnisse verärgern viele junge Schweizerinnen und
Schweizer. Weiter wird bemängelt, dass das Volk nicht über
eine Durchführung der Expo abstimmen konnte und die Kosten
nicht in Grenzen gehalten werden. Einige der Befragten besuchten
die Expo bereits. Die Jugendlichen meinten, die Landesausstellung
habe nicht viel mit der Schweiz zu tun, sondern sei eher eine Kunstausstellung.
Auch ein Mittagessen für unter zwanzig Franken sei schwer zu
finden.
Doch möchte ich Ihnen die positiven Gedanken über die
Expo nicht vorenthalten. Die Erreichbarkeit mit dem öffentlichen
Verkehr sei äusserst gut, die Expo-Region schön und interessante
Kunstwerke solle es auch geben. Die Expo.02, eine Landesausstellung
auf eine spezielle Art, welche ihren Reiz hat, doch nicht für
jedermann interessant ist. Image der Schweizerinnen und Schweizer
Laut Berichten aus dem Ausland haben Schweizerinnen und Schweizer
das Image einer langweiligen Person, welche gerne ihrer Arbeit nachgeht
und diese auch exakt ausführt. Das Selbstbewusstsein wird kaum
gezeigt. Mich interessierte es, was für ein Bild meine jugendlichen
Kolleginnen und Kollegen von den Schweizern haben. Was ich gerade
vorwegnehmen kann es gibt lauter verschiedener Meinungen.
Die einen sehen den Schweizer als schlau, fleissig, gut gelaunt
oder zufrieden, die anderen als eingebildet, ungeduldig und egoistisch.
Wie nun der Schweizer wirklich ist, lässt sich kaum sagen,
ist doch jeder von uns eine eigene Persönlichkeit vielfältig
wie der Aargau und die Schweizer Regionen. Jedoch hat sich im letzten
Jahrhundert die Zeit gewandelt. Früher, als man noch in grossen
Familien lebte, ums Überleben kämpfte, gab es noch den
Zusammenhalt, die gegenseitige Rücksichtsnahme und die Geduld.
In der heutigen Zeit, in der die Wirtschaft blüht, sind wir
mehr zu Individualisten geworden, was nicht negativ gesehen werden
darf. Doch dürfen wir den Kontakt und die Freundlichkeit zu
unseren Mitmenschen nicht verlieren. Gegenseitige Rücksichtsnahme
und Geduld sollten keine Fremdwörter werden.
1. August-Rede 2002 4 www.jungpolitiker.ch Liebe Festbesucher,
werte Politiker, geschätzte Medienvertreter Ich hoffe, Ihnen
einige Gedanken der Jugend näher gebracht zu haben. Vergessen
Sie nicht, dass ihr die Vorbilder der Jugend sind und nehmen Sie
ihre Aufgabe wahr. Ich danke Ihnen für ihre Aufmerksamkeit
und wünsche Ihnen noch einen festlichen Abend. 1. August-Rede
2002 5 www.jungpolitiker.ch
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